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Evolution: Die verkannte Rolle der Asseln

Viele Menschen ekeln sich vor Kellerasseln und Co. Dabei spielen die kleinen Tiere eine wichtige Rolle in der Natur – auch für eine geisterhafte Pflanze.
Eine graue Assel sitzt auf grünem Moos: Es handelt sich um eine Nahaufnahme, bei der Details des Kopfes genauer zu sehen sind, inklusive der Mundwerkzeuge.
Eine Landassel sitzt im Moos – und könnte ein paar Pflanzensamen in sich tragen.

Landasseln vertilgen große Mengen an toter organischer Substanz und nehmen sogar ihren eigenen Kot immer wieder neu auf, um darin verbliebene Pflanzenreste zu verwerten. Für die Bodenbildung sind sie also von großer Bedeutung. Eine Studie aus Japan zeigt jedoch, dass die Tiere mit den sieben Beinpaaren darüber hinaus auch für die Verteilung bestimmter Pflanzensamen verantwortlich sein können – als kleinste bislang bekannte Tierart. Die Krebstierchen verteilen laut Erkenntnissen von Kenji Suetsugu von der Universität in Kobe und seinem Team die Samen des Heidekrautgewächses Monotropastrum humile, die selbst durch ihre geisterhafte Erscheinung auffallen.

Diese Pflanzen bestehen vor allem aus einem dichten, unterirdischen Wurzelgeflecht, das sich von Pilzen ernährt. Um sich fortzupflanzen, schieben die Gewächse immer wieder weiße Triebe an die Oberfläche, was ihnen den Beinamen »Silberdrachenpflanze« eingebracht hat: Sie bilden kein Chlorophyll und betreiben keine Fotosynthese, wirken also etwas gespenstisch. Ihre fleischigen Früchte bilden eine beliebte Nahrung für Wirbellose wie Ohrwürmer und Landasseln, wie die Biologen mit Hilfe von Kamerafallen am Waldboden herausgefunden haben. Anschließende Fütterungsexperimente im Labor zeigten, dass die robusten Samen die Darmpassage durch die Tiere oft überstehen und auskeimen können.

Nach Zählungen des Teams überdauert etwa ein Drittel der Samen die Verdauung, was nach Aussagen der Forscher ein guter Wert ist. Da die Asseln, Ohrwürmer und andere Tiere sich zumeist nicht in nächster Nähe der Mutterpflanze entleeren, bestehen gute Chancen, dass die staubkorngroßen Samen sich an neuen, guten Standorten verbreiten. Damit erhöhe sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest ein Teil der Keimlinge auf die Pilzgeflechte stoßen, die sie selbst zum Wachstum benötigen.

Die Asseln bildeten allerdings nicht die wichtigsten Transporteure für die Samen. Bestimmte Grillen fraßen mehr als die Hälfte der Früchte und Samen. Diese sind allerdings bedeutend schwerer und größer als die Krebstierchen.

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